147
Eppishausen 13.
Aug. 33 Quomodo
sedet sola civitas plena populo! facta est quasi vidua! Non est qui
consoletur eam ex omnibus charis eius: omnes amici eius spreverunt eam et facti sunt
ei inimici. Hieremias. Wer sich selbst aufgiebt, ist bald von allen verlassen!
Basel
ist verloren; weil es sich selbst verlassen hat! quis temperet a lachrimis!
multis bonis illa flebilis occidit! aber, wer nicht krieg zu füren weiß, tut wol den frieden zu
kauffen! nun fürchte ich die haben felgeschossen, die da glauben in um die schande
eingehandelt zu haben; denn iezt werden die tage der trübsale erst angehen. So eben las ich
in
Ludens geschichte des teutschen volkes📖 nachstehendes: "aber ankläger der
gesinnungen liessen von ieher selten ab und waren noch seltener zu widerlegen. dieselbe
leidenschaft, die zum ersten schritte trieb, fürte weiter. iede eigne äusserung, iede fremde
be wegung,
ward zum beweise. Die natur verlor ir recht, der verstand seine ere; das entfernteste
wurde zum nächsten gezogen, und das entgegengesezte zum gleichen gezält. aus
angst, scham und dem gefüle eigener verdorbenheit entstand ein unaus löschlicher hass und eine wilde verfolgungwut, die nicht eher geheilt ward,
bis man die
gewalthaber zur teilname an der sünde gebracht hatte und bis das opfer gefallen
war." Sehen
Sie hier die neueste geschichte der
Schweiz
und die
zukunft Irer stadt! wie schön und folgerecht hatte
Basel
sich
benommen; wie inconsequent hat es auf einmal geendet! wer hätte das erwartet? vitam,
praeferre pudori! et propter vitam vivendi perdere causas. - ich weiß wol,
mit reden und schreiben ist iezt nichts auszurichten; auch ist die sache so
gründlich verdorben, daß sie nicht wieder auf einen vesten grund kommen kann; aber was ist
nun anzufangen? ich antworte wie die durch das erdbeben /: 1783 :/
verschüttete frau in
Calabrien
: warten! warten
und nicht verzagen! am schlusse
meines Schwabenspiegels📖 von 1287 stehet: "Swer danne z' aller zituffe daz reht sprichet,
der gewinnet mangen vint. des mac sich der biderbe man gerne trösten. durch
got vnd durch sin ere, daz er die vintschaft hab durch daz reht. vnd wizzent, swer daz reht
gerne stäte hat, dem hilfet got, vnd ist ofte sehin worden an manigem man,
die mangen widerstrit hatten, dar vmb, daz sie dem rehten
gestunden." Ich kann Inen nicht genug sagen, wie tief mich diese iämmerliche katastrophe
betrübt hat
und wie viele traurige folgen ich daraus hervorgehen sehe. Gott walts! denn
dieser allein könnte noch helfen; aber die zeiten der wunder sind vorbei! so wie die
zeiten der
treue und des glaubens. Ich glaube nicht, daß die fremden mächte sich in den
handel mischen, noch viel weniger tätig einschreiten werden. Diz Liet haizet div
Lklage!!! Aus dem
beiliegenden Briefe werden Sie ersehen, daß ich dem H.
Marquard
Wocher
weder für den transport des
altares, noch für
sonst etwas einiges schuldig geblieben bin, daß und wie derselbe solchen aus einander zu
nemen, mit blendramen versehen zu lassen und mir zuzusenden gedachte, endlich daß der
altar in einer großen kiste lag, aus welcher
Wocher
eine kleinere wollte machen lassen, um die stüke einzeln darein zu paken.
wollen Sie die freundschaftliche gefälligkeit haben, auf eben solche weise damit
zu verfaren; so werden Sie mich recht ser verbinden.
Wochers
brief bitte ich mir wieder zurük zu senden: es ist der lezte den er mir schrieb, ich möchte
in gerne zum andenken, an die 40iärige freundschaft, die zwischen uns
bestund, auf behalten. Da von
Basel
gewiß
frachtwagen nach
S. Gallen
und
Rorschach
gehen; so wird die kiste auf diesem wege am besten hieher gelangen,
mein hauß liegt ia an der straße nach
Rorschach
. alle
sich ergebende kosten werde ich mit dem verbindlichsten danke erstatten.
wie ser
bedauerte ich Sie des schlechten wetters wegen, das Sie auf Irer reise
verfolgte; nun bin ich doch dadurch getröstet, daß Sie in
Zürich
noch
einige ausbeute gemacht haben; auch
Aurelius
Cicero
, der bald nach Inen mit dem Professor
Baiter
hieherkam, sprach mir von der teutschen logik und rhetorik des XI. Jarhunderts: nun das
ist ein guter fund! aber ich bedaure Irren den
VII. band der
Aretinischen beiträge📖 nicht senden zu können; ich
besize nur die 6. hefte des 3. und iene der iargänge 1805 und 6. wenn Sie aber
wollen; so bin ich bereit das verlangte in
Schafhausen
oder
Zürich
zu entlenen und Irren zu senden. wie schmerzlich fällt auch mir der tod der
frau von Hassenpflug
in
Cassel
; mitten
in den
besten iaren und aus der mitte einer liebenden familie wurde sie hinweggerafft.
ich weiß wie
die brüder
Grimm
diese schwester liebten, wie tief muß ire trauer sein. ich fürchte mich
an
Jacob
zu
schreiben, und bin frohe in nun später zu sehen, da wie ich
hoffe, die zeit schon woltätig auf seinen schmerz gewirkt hat. Der schluß Ires
briefes: aus dem studiren wird in diesen zeiten nicht viel, muß nun
umgekeret werden. gerade in den zeiten der trauer muß man sich den musen in die
arme werfen! diese freundlichen schwestern sind die besten trösterinnen in
trübseligen zeiten, sie beruhigen und erheitern das leidende gemüte, sie
ermutigen es und lassen zulezt wieder die hofnungssonne hinein scheinen: ich
habe dies überzeugend an mir erfaren, und glaube daher an diese arznei und
empfele sie iedem betrübten. Hat uns der
Nibelunge📖 liet stark bewegt; so lassen wir uns iezt durch die klage rüren! fata
viam expedient!
Aurelius
Tigurinus
muß in
St. Gallen
noch
manches gefunden haben; weil er sich über 14 tage da aufhielt; dies gehet aber wol nur auf
classische literatur. Er äußerte hier gute hofnungen für seine alma
Tigurina
, und bedauerte den mißgriff den er bei
Ettmüllers
berufung gemacht hat. von politik vermied ich aus
guten gründen zu sprechen. die erliche haut schien mir auch schon ganz
endoctrinirt zu sein. Habeat sibi! In dem literarischen nachlasse und collectaneen meines
freundes
Arx
bin ich auf einige
merkwürdige historische urkunden gestoßen; aber nichts quod
ad theotiscam facit, ließ sich entdeken. In diesen
unpoetischen zeiten, wendet sich das gemüte lieber zu der geschichte,
nicht zu der unserer tage, welche kleinlicht und gemein ist; sondern zu
der des mittelalters, in demselben erscheinet auch selbst das
laster mit geist und kraft, und hat durch tat und tüchtig keit seinen wert
behalten. die gegenwärtige zeit erscheint dagegen als niederdrükend
und vernichtend, man erblikt überall nichts als eine feige
kriecherei vor dem volk, oder vor den fürsten, sittenlosigkeit, unver stand
und eine wütige umwälzungssucht. Eben hiedurch wird unsere zeit dem manne
von kopf und herz so schwer zu ertragen. was den vätern heilig
war, wird iezt herabgesezt und verachtet; aber das schlechte und gemeine wird
hinaufgehoben und oft sogar auf den altar gestellt. überall will man
iezt durch angst und schreken und gräuel die friedlichen
menschen aus iren verhältnissen und gewonheiten aufrütteln, verblüffen und
iren verstand gefangen nemen. o he! iam satis! Einer meiner
haußgenossen, Dr.
Liebenau
ist in
Baden
, um seine
einge weide zu stärken; gienge er auf die tagsazung so würde er
lernen, wie man one alle eingeweide sich recht wol befinden kann. der candidatus iuris, vetter
Max
,
erwiedert Iren gruß auf das freundlichste. Leben Sie wol,
gott befolen von Irem ergebensten JvLaßberg. Ser begierig wäre ich zu erfaren, ob meine vermutung wegen
des
Colmarer codex der meister sänger einigen
grund hat? oder was des
H.
Neukirch
handschrift denn eigentlich enthaltet? Dabam ex villa epponis XIII. augusti. mdcccxxxiii.