Eppishausen am 26
Sept. 1833. Vererter Herr Professor! Vierzehen tage nach empfang Ires lieben briefes erhielt ich
auch die kiste mit dem ehemaligen
gemälde von
Tobias
Stimmer
dem Maler von
Schafhausen
,
welcher es für den bischof
Christoph
Mezler
von
Constanz
verfertigt hatte,
wie solches wappen, iarzal und der dedications vers auf dem
querbalken des altärchens anzeigen. darunter be fand sich noch ein
antependium, worauf
Christus
am abend male mit den aposteln gemalt war; dieses muß schon bei dem
seligen Wocher verloren gegangen sein. es hatte die iarzal 1559. mit der
wiedererstattung der gefälligst für mich gemachten auslage /: 56 bazen:/ bitte
ich auch den verbindlichsten dank für die für mich diesfalls
übernommene bemühung zu genemigen: kann ich in diesen gegenden, oder
wo immer Inen etwas besorgen; so bitte ich mich nicht zu
verschonen, Sie erweisen mir dadurch ein wares vergnügen. Nun
ist das
gemälde zwar durch die iniuria temporum
zerstört;
aber für mich bleibt es noch immer ein wertes andenken, und sein anblik
wekt in mir allerlei süße und sauere erinnerungen: ich denke, wenn
ein
Schweizer iezt sein vaterland 
anschaut, über welches auch,
wie über dies
gemälde, ein hagelwetter gekommen
ist; so mag
er änliche empfindungen haben. wie hat sich binnen den 4 wochen, da Sie
mir schrieben, alles verändert! doch nicht un erwartet, von dem
augenblike an, da
Basel
und die
urkantone sich selbst aufgaben. auf die frage: ob es weise war, auf den hilfruf der
Reigoldsweiler
zu hören ? weiß ich nichts zu antworten: als: tue recht und
siehe dich nicht um! aber wer den mut hat das rechte zu tun, muß auch nicht verzagen und so
plözlich, wie
hier geschahe, alles aufgeben. warum haben die
Basler
nicht
einen auswärtigen kriegsmann von gutem rufe zum anfürer genommen? das wäre keine schande
gewesen, die
völker des altertums taten es oft, und mit erfolg. Leider haben Sie
mein Vererter! richtig prophezeihet; der
könig
hat nicht in die trennung
Neuenburgs
von
der eidgenossen schaft gewilligt; denn es sind vorerst wichtigere fragen
zu lösen. die erste ist : to by, or not to by! denn die über krieg und frieden enthält
doch nichts andres. die faden des polit. gewebes sind einmal so verworren, daß kaum etwas
außer dem
schwerte mer hinreichen dürfte, sie wieder in ordnung zu
bringen! aber ich muß auch mit dem alten
Cato
rufen: ante omnia Carthaginem delendam esse! ehe die
teutschen fanen nicht wieder auf dem
Montmartre
wehen, kann kein
dauerhafter friede in der welt gegründet werden. ob es diesmal zum Kriege kommen wird? in dem
augenblike, da ich dieses schreibe, ist es wol schon ent schieden; aber,
wenn es auch diesmal nicht dazu kömmt; so ist doch gewiß, daß es bald dazu kommen muß. beide
partheien verlangen
mit zu großer sensucht einmal zu wissen, was aus inen werden
soll, als daß dieser provisorische zustand lange mer bestehen
könnte. es hat sich zu lange gebogen, es muß nun endlich brechen!
Berns
terroristische anträge an die tagsazung haben bei der
siebenköpfigen concordia einigen anklang gefunden.
Thurgau
, welches
in allem den affen von
Zürich
macht,
wird wirklich
zu einer außerordentlichen großenratsversammelung gehezt; aber, da
die zal der gemäßigten auch in diesem kanton seit einiger zeit
beträchtlich zugenommen hat; ist es ser warschein lich, daß
diesmal die versammelung nicht zu staude kommt; allein, wer kann
lange für ein volk gut stehen? magis Pugnas et exactos Tyrannos Densum humeris
bibit aure vulgus! Die
Bern
er,
eifersüchtig auf die schnellen fortschritte der
Zürcher
auf der ban des
terrorismus, wollen sie nun durch die einricht ung von
blutgerichten überbieten, und scheinen vergessen zu haben, daß
beinahe alle blutmänner des französischen national convents durch
die guillotine gefallen sind! aber
Zürich
ist gewiß viel
gefärlicher als
Bern
, wo iezt
meist nur unwissende männer am ruder sizen. Ich begreiffe eben so gut als ich
es herzlich
bedauere, daß auch Sie unter den gegenwärtigen verhältnissen
leiden müßen: aber das kann ich doch kaum erwarten, daß auch die
universität zu
Basel
in die
allgemeine teilung ein geworfen werde. das würde doch ganz einer schlechten
Ironie gleich sehen. haben
Sie noch eine weile geduld mein wertester gastfreund! der alte gott lebt noch! lassen Sie uns
vest an diesem
glauben halten, ein einziger augenblik kann alles umgestalten. Nun bin ich doch
frohe, daß der
Colmarer liedercodex wieder auf gefunden
ist. natürlich denkt
herr
Neukirch
iezt an keine herausgabe, die im auch gar nicht
zuzumuten ist; allein, seine abneigung denselben sehen zu lassen,
schreibe ich einer ganz andern ursache zu als Sie: er fürchtet
warscheinlich, daß, bei bekanntwerdung derselben, von französischer
seite reclamationen eintretten dürften: ich kenne beispiele
hievon; und die
Strasburger
würden himmel und erde bewegen, um in zu bekommen: in
Colmar
selbst,
denke ich, ist: ignoti nulla cupido. Unter wiederholung meines dankes, grüße ich Sie und die
optimae spei
tyrones herzlich und bleibe Ir ergebenster JvLaßberg. Teilen Sie meine
freude! vor kurzem sind mir 8 noch unbekannte
Carolingische urkunden zugekommen, darunter eine von
814. dem
todesiare
Karl des
großen
. iterum vale!