Basel, den 13 Juny
1834. Sehr
verehrter Herr Baron, mit Beschämung, (denn ich weiss nicht womit ich so grosse
Güte verdiene) habe ich vor etwa einer Woche Ihren werthen Brief sammt den schoenen Beilagen
erhalten. Was mich dabei am meisten freut, ist dass Sie nicht mehr von Hand gicht
erzählen und das auch die Gedichte so fest und zierlich geschrieben sind als je. Gott erhalte
Sie dabei! Sie
lassen über das Register meines
Lesebuches📖 einen ganzen Sternenhimmel aufgehen. Es sollen da
nämlich die bisher ungedruckten Sachen mit Sternen bezeichnet werden. Besondern Dank
muss ich Ihnen noch für die ausführlichen Notizen sagen, mit denen die einzelnen
Auszüge begleitet sind: in der Vorrede soll das alles getreulich nach erzählt werden. Ausser all dem was ich bereits empfangen laest Ihre grosse
Gefälligkeit mich noch zwey Gaben hoffen: um die eine legen Sie die Bitte mir in den Mund,
die andre
haben Sie schon verheissen:
den heil.
Ulrich📖 und
Amor📖 die
Lieb. Machen
Sies damit wie schon früher mit dem
Ulrich v.
L.
und mit der
Moerin📖:
vertrauen Sie der Post und mir, lassen Sie mich selber auswahlen und copieren, und Ihr Vertrauen
soll nicht gemissbraucht werden: aus jedem nur eine kleine Stelle, nicht
mehr und nichts weiter. Darf ich mich schon im Voraus freuen? Meinen herzlichen Dank für die Theilnahme die Sie
meinem unglücklichen Freunde beweisen. Leider ist, was auch der Arzt köstliches sagen
mag, wenig Hoffnung mehr, seitdem die frühere Tobsucht in Narrheit übergegangen
ist, ich kann die Betrübniss nicht verwinden: ich vermisse ihn im Collegium,
u. auch daheim fehlt mir sein Besuch. Ein privatissimum über
Walther
vdW
wobei ich auf ihn besonders gerechnet hätte, ist mir nun ein betrübendes Geschäft.
Guter Gott! Seit anderthalb Wochen ist
Orelli
hier als landschaftlicher Schatzungsexpert für die Bibliothek; er habe die Wahl angenommen,
damit sie auf keinen Dummen und Boeswilligen falle. Er schätzt die Handschriften und
alten Drucke, als wollte er sie einem engl. Lord zum Kauf anbieten. Und doch lautet
die Instruction auf einen solchen Anschlag, dass eine etwanige Versteigerung
dreymahl so viel ein bringen müsste. Sie reisen also nach
Göttingen
. ich
hoffe Sie werden mir Gelegenheit geben Ihnen vorher noch einmahl zu
schreiben, damit ich Ihnen Glück zur Reise wünschen und Sie bitten kann; meine
herzlichsten Grüsse und Empfehlungen auszurichten. Fesselte mich der Druck des
Lesebuches📖 (soeben ist der vierte Bogen corrigiert worden) nicht für
diesen Sommer an
Basel
, so würde
mir Ihre Reise beinahe leid thun denn alsdann hätte ein Ausflug an
den
Bodensee
mich wohl auch an Ihrer Waldklause vorüber geführt. Nun, ich hoffe
den
Codex gemmens argentens doch noch einmahl zu sehen.
Die
Abbildung der
Krone muss durchaus mitgekommen
seyn: hier ist sie nicht; sie liegt, glaube ich, zwischen den ersten Blättern des
Frauendienstes📖. Die Paar Batzen die der Zeichner dafür empfangen habe ich nicht
notiert, weil ich Ihnen mit so kleiner Münze nicht beschwerlich fallen mag; auch würde
die Post wegen ihrer Procente in Verlegenheit kommen. ich hole sie deshalb am
besten einmahl selbst. Leben Sie recht wohl. Gott erhalte Sie bei Gesundheit und
lasse es jetzt immerhin noch fort regnen: dann haben Sie desto schöneres
Reisewetter. Bleiben Sie geneigt. Ihrem ergebensten Wilh. Wackernagel.