Original Text
Basel
8/1/38 Hochgeehrter Herr Baron, die herzlichsten Glückwünsche zum neuen Jahre Ihnen und den
Ihrigen. Wir
beginnen es besser als unsre Freunde in
Göttingen
. Und
doch, ich wüste
nicht ob ich nicht mit ihnen tauschen möchte: man hat gern einmal in seinem
Leben etwas grosses gethan, wenn man auch da für grosses leiden
sollte. Dass
Sie den Druck des
Weingartner
Codex noch aufschieben möchten, hat mich unbehaglich berührt: ich hatte mich so darauf
gefreut, diese älteste und beste Liederhandschrift sauber ediert bald vor mir liegen zu
haben. Der
Wilhelm von
Orleans📖 besitzt doch nicht den Werth, dass er vor jener den Vorzug verdiente; und mit
dem Frauendienste ist bereits
Lachmann
beschäftigt. Der Basler
Du Cange📖
ist jezt Eigenthum vom Verleger meines Lesebuches; ich kann Ihnen,
wenn Sie michs wollen besorgen lassen, ein Exemplar für 16 Schw. Fr.
verschaffen; ein andrer muss etwas mehr zahlen. ich seufze unter dem Druck beider
Theile des
Lesebuches📖: daher die Eilfertigkeit dieses Briefleins. Wie lange werden
Sie noch in
Eppishausen
verweilen? Haben Sie bereits ein neues Heimwesen erworben? ich bin begierig zu wissen ob und
wo. Gott behüte
Sie. Meine und
meiner
Frau
beste Empfehlungen an Ihre verehrte Frau
Gemahlinn
Von Herzen Ihr ergebener Wilh: Wackernagel Dr.
Normalisierter Text
Basel 8/1/38 Hochgeehrter Herr Baron, die herzlichsten Glückwünsche zum neuen
Jahr Ihnen und den Ihrigen. Wir beginnen es besser als unsere Freunde in
Göttingen. Und doch, ich wüsste nicht ob ich nicht mit ihnen tauschen möchte:
man hat gern einmal in seinem Leben etwas Großes getan, wenn man auch da für
Großes leiden sollte. Dass Sie den Druck des Weingartner Codex noch aufschieben
möchten, hat mich unbehaglich berührt: ich hatte mich so darauf gefreut, diese
älteste und beste Liederhandschrift sauber ediert bald vor mir liegen zu haben.
Der Wilhelm von Orleans besitzt doch nicht den Wert, dass er vor jener den
Vorzug verdiente; und mit dem Frauendienste ist bereits Lachmann beschäftigt.
Der Basler Du Cange ist jetzt Eigentum vom Verleger meines Lesebuches; ich kann
Ihnen, wenn Sie mich wollen besorgen lassen, ein Exemplar für 16 Schw. Fr.
verschaffen; ein anderer muss etwas mehr zahlen. ich seufze unter dem Druck
beider Teile des Lesebuches: daher die Eilfertigkeit dieses Briefleins. Wie
lange werden Sie noch in Eppishausen verweilen? Haben Sie bereits ein neues
Heimwesen erworben? ich bin begierig zu wissen ob und wo. Gott behüte Sie. Meine
und meiner Frau beste Empfehlungen an Ihre verehrte Frau Gemahlin Von Herzen Ihr
ergebener Wilh: Wackernagel Dr.
Translation
Basel 8/1/38 Highly esteemed Baron, The warmest congratulations on the new year
to you and your loved ones. We are starting it better than our friends in
Göttingen. And yet, I am not sure if I might not want to trade places with them:
one likes to have done something great once in their life, even if it means to
suffer greatly for it. Your wish to postpone the printing of the Weingartner
Codex affected me uneasily: I was so looking forward to having this oldest and
best song manuscript neatly edited soon before me. Wilhelm von Orleans does not
have the value to deserve precedence over the latter; and with the Frauendienst,
Lachmann is already occupied. The Basel Du Cange is now the property of the
publisher of my reader; I can, if you allow me, procure a copy for 16 Swiss
Francs; another must pay a bit more. I am sighing under the pressure of both
parts of the reader: hence the haste of this little letter. How long will you
remain in Eppishausen? Have you already acquired a new residence? I am eager to
know if and where. God protect you. My and my wife's best regards to your
esteemed wife. Sincerely yours, Wilh: Wackernagel Dr.