Original Text
Basel 23 Sept. 41.
Verehrtester
Herr und Freund! Herzlichen Dank für die so freundlich beschleunigte Uebersendung der
beiden Bände des
Liedersaals📖 (1. u. 3). meine Sammlung ist nun reicher um eine stattliche Zierde, und ich um
einen Gegenstand widerholten Studiums und gelehrten Lustwandels: man braucht ja nur
aufzuschlagen, so hat man ein schmuck abge schlossenes Bild
vor sich. Meinen Dank für solche Freude auszusprechen hatte ich aufgeschoben, bis ich ihn zugleich
noch durch eine kleine Gegengabe bethaetigen koennte. Hier
ist diese nun: ein neuer Band meines
Lesebuches📖, der erste des dritten Theiles. Vielleicht gewährt er Ihnen jetzt,
wo Sie für einige Zeit auf Ihrer grossen
Meeresburg
ganz,
vereinsamt sind, die Ausfüllung einer müssigen Stunde, sich blätternd darin umzuschauen.
Jedesfalls
stellen Sie ihn zu den übrigen, und gedenken Sie meiner mit
altem Wohlwollen. Hoffentlich gehts
Ihnen und den fernen Ihrigen wohl, und besser als uns. Wir sind gestern vor acht Tagen durch eine zu frühe
Niederkunft
meiner
Frau
(mit einem todten Töchterlein) in Schrecken und Trauer versetzt worden.
Der Frau gehts besser als ich anfangs fürchten muste: aber wir sind aufs neue für jetzt und für
laengere Zeit einer schönen Hoffnung beraubt worden. Das sind Kümmernisse, die mich etwas
niederdrücken. Und nun, leben Sie wohl! Noch einmal: herzlichen Dank herzlichen
Gruss in alter, staets erneuerter Anhänglichkeit von Ihrem aufrichtig
ergebenen Wilh. Wackernagel Dr.
Normalisierter Text
Basel, 23. Sept. 41. Verehrter Herr und Freund! Herzlichen Dank für die so
freundlich beschleunigte Übersendung der beiden Bände des Liedersaals (1. u. 3).
Meine Sammlung ist nun reicher um eine stattliche Zierde, und ich um einen
Gegenstand wiederholten Studiums und gelehrten Lustwandels: Man braucht ja nur
aufzuschlagen, so hat man ein schmuck abgeschlossenes Bild vor sich. Meinen Dank
für solche Freude auszusprechen hatte ich aufgeschoben, bis ich ihn zugleich
noch durch eine kleine Gegengabe betätigen könnte. Hier ist diese nun: ein neuer
Band meines Lesebuches, der erste des dritten Teils. Vielleicht gewährt er Ihnen
jetzt, wo Sie für einige Zeit auf Ihrer großen Meeresburg ganz vereinsamt sind,
die Ausfüllung einer müßigen Stunde, sich blätternd darin umzuschauen.
Jedenfalls stellen Sie ihn zu den übrigen, und gedenken Sie meiner mit altem
Wohlwollen. Hoffentlich geht's Ihnen und den fernen Ihrigen wohl, und besser als
uns. Wir sind gestern vor acht Tagen durch eine zu frühe Niederkunft meiner Frau
(mit einem toten Töchterlein) in Schrecken und Trauer versetzt worden. Der Frau
geht's besser als ich anfangs fürchten musste: Aber wir sind aufs Neue für jetzt
und für längere Zeit einer schönen Hoffnung beraubt worden. Das sind
Kümmernisse, die mich etwas niederdrücken. Und nun, leben Sie wohl! Noch einmal:
Herzlichen Dank, herzlichen Gruß in alter, stets erneuerter Anhänglichkeit von
Ihrem aufrichtig ergebenen Wilh. Wackernagel Dr.
Translation
Basel, 23rd Sept. 1841. Most esteemed sir and friend! Heartfelt thanks for the so
kindly expedited dispatch of the two volumes of the Song Hall (1st and 3rd). My
collection is now enriched with a splendid ornament, and I with a subject for
repeated study and scholarly strolls: one only needs to open it, and a
beautifully finished image lies before you. I had postponed expressing my thanks
for such joy until I could also confirm it with a small return gift. Here it is
now: a new volume of my reader, the first of the third part. Perhaps it will now
offer you, as you are completely isolated on your great sea castle for some
time, the fulfillment of an idle hour by leafing through it. In any case, place
it with the others and remember me with old goodwill. Hopefully, you and your
distant loved ones are well, and better than us. We were thrown into shock and
sadness yesterday eight days ago due to the premature delivery of my wife (with
a stillborn daughter). My wife is better than I initially feared: but we are
newly deprived of a beautiful hope for now and for a longer time. These are
troubles that weigh me down a bit. And now, farewell! Once again: heartfelt
thanks, warm regards, with old, constantly renewed attachment from your
sincerely devoted Wilh. Wackernagel, Dr.