Brief von Joseph von Laßberg an Wilhelm Wackernagel (Unbekannt).

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Metadata

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Gedruck in:

Original Text

Hochzuvererender Herr Professor! Da ich eine wolverdiente Schelte von Inen und dem guten Zürcheren erwartete, werde ich nicht nur mit güte und nach sicht; sondern mit weunn hoechst angmemen geschenken über heuft!!! aber alten leuten muss man viel zu gut halten und es freut mich, daß man auch in ZürichWIKIDATA Icon so denket. Lieber Gott! und alt wollt Ir iunge Herren alle doch auch werden, und es wird euch dann eben so wol tun als iezt mir, wenn freundliche nachsicht gegen euch geübt wird. ich will mich also lieber selbst be als entschuldigen, und neme, die erwiesene vergebung, wie die Iuristen sagen, utiliter an! und nun zu den mir so werten geschenken. Die Geschichte der mir ser wol bekannten I. UfenauWIKIDATA Icon, hat mich ser erfreut und mir scheint, daß nun da alles beisammen stehet, was man davon weiss und ie wissen wird. nur eines habe ich ungern vermisst! eine erwaenurg des Ufenauer iarzeiten buchs, welches nun wieder zu EinsiedelnWIKIDATA Icon liegt und von merern merkwürdigen leuten meldet, die auf der UfenauWIKIDATA Icon begraben liegen und da stiftungen gemacht haben. unter diesen fand ich auch das ganze geschlecht der Spervoegel von HurdenGND Icon, welche da vom stifte EinsiedlenWIKIDATA Icon, durch merere generationen, das Amann amt trugen. und nach UfenauWIKIDATA Icon kirchhoerig waren: warscheinlich ist U. von HuttenGND Icon weder der erste noch der einzige teutsche saenger, welcher in der UfenauerWIKIDATA Icon erde ruhet und der Minnesaenger SpervogelGND Icon schon 200 iar früher da begraben worden. das Chorfenster Tab: II. Nº. 6. moechte ich lieber in die zweite haelfte des XIV als ins XIII. iarhundert versezzen. Die 3 hefte der Zeitschrift der antiquar: gesellschaft, waren mir alle 3 gleich willkommen, und ich moechte gerne ein langes und breites darüber sagen; aber das schreiben kommt mich iezt so hart an, und meine schrift hat sich sich auf eine so ungünstige weise veraendert, daß ich vast niemanden zumuten darf, sie zu lesen. die hand ist mir zwar nicht verdorrt, wie einem Koenig in IsraelWIKIDATA Icon; aber der teufel weiss, was mir hinein gefaren ist!

Normalisierter Text

Hochzuverehrender Herr Professor! Da ich eine wohlverdiente Schelte von Ihnen und dem guten Züricher erwartete, werde ich nicht nur mit Güte und Nachsicht; sondern mit weitaus höchst angenehmen Geschenken überhäuft! Aber alten Leuten muss man viel zugutehalten und es freut mich, dass man auch in Zürich so denkt. Lieber Gott! Und alt wollt Ihr junge Herren alle doch auch werden, und es wird euch dann ebenso wohl tun als jetzt mir, wenn freundliche Nachsicht gegen euch geübt wird. Ich will mich also lieber selbst beeilen als entschuldigen, und nehme die erwiesene Vergebung, wie die Juristen sagen, utiliter an! Und nun zu den mir so werten Geschenken. Die Geschichte der mir sehr wohl bekannten I. Ufenau hat mich sehr erfreut und mir scheint, dass nun da alles beisammensteht, was man davon weiß und je wissen wird. Nur eines habe ich ungern vermisst! Eine Erwähnung des Ufenauer Jahrzeitenbuchs, welches nun wieder zu Einsiedeln liegt und von mehreren merkwürdigen Leuten meldet, die auf der Ufenau begraben liegen und da Stiftungen gemacht haben. Unter diesen fand ich auch das ganze Geschlecht der Spervögel von Hurden, welche da vom Stifte Einsiedeln, durch mehrere Generationen, das Ammannamt trugen und nach Ufenau kirchhörig waren: wahrscheinlich ist U. von Hutten weder der erste noch der einzige deutsche Sänger, welcher in der Ufenauer Erde ruht und der Minnesänger Spervogel schon 200 Jahre früher da begraben worden. Das Chorfenster Tab: II. Nr. 6 möchte ich lieber in die zweite Hälfte des XIV als ins XIII. Jahrhundert versetzen. Die 3 Hefte der Zeitschrift der antiquarischen Gesellschaft, waren mir alle 3 gleich willkommen, und ich möchte gerne ein langes und breites darüber sagen; aber das Schreiben kommt mich jetzt so hart an, und meine Schrift hat sich auf eine so ungünstige Weise verändert, dass ich fast niemandem zumuten darf, sie zu lesen. Die Hand ist mir zwar nicht verdorrt, wie einem König in Israel; aber der Teufel weiß, was mir hineingefahren ist!

Translation

Highly esteemed Professor! As I expected some well-deserved scolding from you and the good people of Zurich, I am not only met with kindness and tolerance, but overwhelmed with the most delightful gifts!!! However, one must be very forgiving to old people, and I am glad to see that this is also the thinking in Zurich. Dear God! You young gentlemen all wish to grow old, and it will do you as much good then as it does me now, when friendly leniency is exercised towards you. So, I would rather confess than excuse myself and accept the forgiveness granted, as the jurists say, utiliter! And now to the gifts, which are so dear to me. The history of the well-known I. Ufenau has pleased me greatly, and it seems to me that now everything is gathered that is known and will ever be known about it. Only one thing I missed unwillingly: a mention of the Ufenau annual book, which is now back in Einsiedeln and reports on several remarkable people who are buried in Ufenau and have made endowments there. Among these, I also found the entire family of the Spervogels of Hurden, who for several generations, from the Einsiedeln Abbey, held the office of Amman and belonged to the Ufenau parish. It's likely that U. von Hutten is neither the first nor the only German singer resting in Ufenau's soil and that the minstrel Spervogel was buried there 200 years earlier. The choir window Tab: II. Nº. 6, I would rather place in the second half of the 14th than in the 13th century. The 3 issues of the journal of the antiquarian society were all equally welcomed to me, and I would like to speak at length about them; but writing is so difficult for me now, and my handwriting has changed in such an unfortunate way that I can hardly expect anyone to read it. My hand is not withered, like a king of Israel, but the devil knows what has come into it!